Seite 1 von 2

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 09.03.2020, 18:44
von Petra Schöllkopf
Hallo liebes Forum,
gibt es hier innerhalb dieser Community eine weitere Person, die aufgrund der fortgeschrittenen MS keine Darmtätigkeit mehr hat und dadurch einen Hartmann Stumpf Stoma bekommen hat.
Über eine kurze Rückmeldung der betroffemnen Personen würde ich mich sehr freuen.

Aktuell stehe ich kurz vor der OP und hätte diese Situation nicht nur gerne von Ärtzen beleuchtet bekommen, sondern auch aus der Sicht eines Betroffenen.

Viele Grüße,
Petra

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 21.03.2020, 14:02
von Häslein
Hi Petra,

vorweg, ich bin davon nicht betroffen.

Ein paar Fragen habe ich, die Du gerne beantworten kannst, wenn Du möchtest, vielleicht kann ich Dir dann mehr dazu sagen... vielleicht, wie gesagt.

Du schreibst, “den Darm“... der hat ja einige Meter; welche Darmabschnitte sind betroffen?

Gibt es gar keine Peristaltik? Das wäre ja eine Paralyse.

Wie sind Deine Kaliumwwerte?

Welche Medikamente wurden bereits eingesetzt, die den Darm zur Peristaltik bringen könnten / sollten?

Nimmst Du Schmerzmittel aus der Gruppe der Opiate?

Wie ausgeprägt waren die Entzündungsherde im Hirn bei der letzen CT / MRT und vll weißt Du, wo diese lokalisiert waren / sind?

Kannst Du Dich ohne Hilfsmittel ( Gehhilfen, Rollstuhl) fortbewegen? Wenn ja, wie weit ungefähr und wie lange bräuchtest Du für 100 m?

Liebe Grüße

Häslein

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 22.03.2020, 21:04
von Petra Schöllkopf
Hallo Häslein,

ich habe einen elongierten, und daurch sehr schlingenreichen Dickdarm. Der obere normalerweise horizontale Darmabschnitt macht bei mir eine tiefe M-förmige Schlinge nach unten. Ab dieser Schlinge wird der Darminhalt nicht mehr weiter transportiert.
Die Peristaltik ist durch eine Untersuchung mit Markern im rechten aufsteigenden Abschnitte bis nach der 1. Flexur eingeschänkt nachgewiesen.
Über die Kaliumwerte habe ich derzeit keine Angaben.
Zum Anregen hatte ich Resolor genommen, was sich auf die MS fatal ausgewirkt hat. Ferner noch Movicol
Derzeit helfen nur noch Laxannstropfen zum Abführen
Opiate nehme ich keine ein.
Über die Lage der Entzündungsherde kann ich dir im Moment keine Auskunft geben, aber seit Jahren haben sich die Entzündungsherde nicht verändert
Die Fortbewegung am Rollator sind auf max. 50m begrenzt, ansonsten Rollstuhl.
Ich stehe kurz vor einer OP zum Colonstoma

Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen

Petra Schöllkopf

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 24.03.2020, 12:17
von Häslein
Liebe Petra,

vielen Dank für Deine Mühe, alles so detailliert zu beantworten.

Sonderlich viel Hilfreiches kann ich dazu nicht sagen, hier meine spontanen Gedanken dazu:

Ich würde Dich gerne um zwei Dinge bitten:

Erkundige Dich bei den Fachärzten, ob eine gesamte Entfernung des Dickdarms ggf. sinnvoller wäre, um - vielleicht - einer erneut nötigten Kürzung des Darmes - vorzubeugen.
Der Dünndarm ist ja gar nicht betroffen.

Hierzu würde ich eine Zweit- und Drittmeinung einholen, wenn das möglich ist. Das ist auch oft in spezialisierten Kliniken per Mail möglich, wenn man die Befunde mitsendet. Ggf. müsste man danach dort vorstellig werden.

Mein zweites Anliegen: Wenn es irgendwie möglich ist, zögere die Op ( egal, was dann tatsächlich operiert wird ) soweit hinaus, wir es möglich ist bzw bis die Viruskrise im Griff ist; idealerweise, bis es einen Impfstoff gibt. Also, wenn es nach Meinung Deiner Ärzte und auch Deinem Befinden nach möglich ist. Bis es einen Impfstoff gibt, soll es nach Angaben des RKI noch ca. 12 Monate dauern...

Eine ausreichende Kaliumversorgung ist auch eine, kleine, mögliche Stellschraube, da ein Kaliummangel sich auf die Darmbewegung auswirken kann.

Ganz allgemein möchte ich Dir eine tägliche Substitution von Omega3, Vit D3 UND K2 empfehlen, zudem eine Magnesium-Zufuhr.

Ebenso CBD-Öl einsetzen, nach Rücksprache mit den Ärzten.

Evt. könntest Du mit einer ketogenen Ernährung auch positiv auf die Autoimmunprozesse positiv einwirken ( falls Du das noch nicht versucht hast ) Das wird leider vermutlich nichts an der Op-Notwendigkeit ändern, vll trotzdem die Erkrankung langfristig günstig beeinflussen können.

Alles Gute klingt irgendwie ziemlich phrasenhaft...

Liebe Grüße

Häslein

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 24.03.2020, 15:32
von Petra Schöllkopf
Hallo Häslein,

vielen Dank für deine Mühe und ausführlichen Tips.

Bei mir ist schon eine Entfernung des kompletten Dickdarms geplant nach Stomaausgang (weiß nicht wie es in der Fachsprache heißt, aber ich glaube du weißt was ich meine). Durch meine geringe Perestaltik im aufsteigenden Dickdarm, wird das Stoma mit einer möglichst kurzen Passage duch den Dickdarm, kurz unterhalb der ersten Flexur (erster Knick wo es dann in den Querdarm geht) geplant.
Meine Sorge ist ob das Stoma durch die geringe Perestaltik ohne weitere Hilfsmittel "läuft". Eine Frage an dich weißt du etwas über die spezielle Thematk oder kennst du jemand der von diesem Problem betroffen ist.
Ich habe große Angst vor der OP weil ich Bedenken habe, dass der gewünschte Erfolg ausbleibt.
Ich habe mir auch Zweitmeinungen eingeholt und das Stoma wird für eine Lösung gehalten. Meine Ärztin meint dass es erfolgversprechend ist, aber sie sagt mir auch, dass sie mir keine Garantei geben kann.
Klar kann niemand, wäre auch zuviel verlangt. Trotzdem hätte ich mich gerne mit jemand Betroffenen unterhalten.

Vielleich kannst du mir irgendwie weiterhelfen, bin momentan etwas verzweifelt.

Gruß Petra

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 25.03.2020, 16:43
von KevinPatrik
Hallo Petra,
ich habe den Chatverlauf zwischen Dir und Häschen mitgelesen und bin an einem Punkt in mir angelangt, wo ich Dir evtl. einen Tipp im Hinblick auf die Darmperestaltik geben könnte.
Ich habe längere Zeit sowohl ein Clostoma, als auch ein Illestoma durchleben müssen.
Während dieser Zeit war bei mir die Darmperestaltik ziemlich platt, wenn ich das so sagen darf. Mir wurde dann Mucofalk empfohlen, das sind Flohsamenkörnchen. Zur Abführung muss die Dosierung nach Anleitung erfolgen, d.h. Flohsamen mit viel Wasser einnehmen. Wenn jedoch ein Durchfall angesagt ist, nimmt man mehr Mucofalk und wenig Wasser. Ich weiß wovon ich rede, denn ich habe beide Stadien durcherlebt.
Auch ich habe vor den OPs mehrere Meinungen eingeholt und dann mit den Ärzten die für mich richtige OP–~Variante besprochen. Ich hab zwölf OPs überstanden, allerdings sind zwei davon mit den zuvor besprochenen Risiken ausgegangen.
Trotzdem wünsche ich Dir viel Kraft, Mut und Zuversicht für die bevorstehenden Maßnahmen und drücke die Daumen zum guten Gelingen.
LG KevinPatrik

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 25.03.2020, 18:18
von Petra Schöllkopf
Hallo KevinPatrik,

vielen Dank für Deinen Rat. Ich habe leider schon alles ausprobiert von Ernährung und Mucosulvan, flohsahmen usw. hat leider alles nichts gebracht.
Kurze Frage an dich, du schreibst, dass es bei dir keine Perestaltik mehr gab. War das dann mit dem Colonstoma eine gute Lösung und das Abführen hat ohne weitere Hilfsmittel geklappt oder hattest du da auch Probleme, d. h. Abführen mit Hilfsmittel wie Laxansien oder Klistiere. Entschuldigung die direkte Frage. Meine Sorge ist halt, dass durch die fehlende Peristaltik das Stoma nicht läuft. Man möchte ja eine Verbesserung erzielen und ich habe Angst, dass die Peristaltik für ein Colonstoma nicht ausreicht und es erneut Probleme gibt..
Kannst du mir in dieser Sache vielleicht weiterhelfen.

Grüße Petra

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 26.03.2020, 10:15
von KevinPatrik
Guten Morgen Petra,
ich habe Deine Fragen gelesen und kann Dir folgendes dazu sagen:
Als mein Colostoma angebracht war, dauerte es ca. vier Tage unter Mithilfe von Glyceriden, bis der erste Stuhlgang ankam. Ich war heilfroh über diesen Augenblick und im Laufe der nachfolgenden Tage normalisierte sich der Stuhlgang– Rythmus.
Das positive an einem Colostoma ist, falls sich Stuhl– Verhärtungen oder sonstige Komplikationen bilden sollten, können die Ärzte direkt über den Anus präter mittels Glyceriden oder weitergehenden Maßnahmen eingreifen. Die Wirkung ist direkter und auch wirksamer.
Mein damaliger Professor sagte mir, ich solle Geduld mitbringen, der Darm würde lernen, sich an die Gegebenheiten zu gewöhnen. Es ging aber fast ein Jahr lang, bis sich eine „Normalität“ einstellte!
Ich hoffe Dir mit dieser Aussage weitergeholfen zu haben. Frage mich weiterhin, ich gebe gerne im Rahmen meiner Erfahrungen alles Wissenswerte weiter.
Weiterhin viel Kraft und auch Optimismus wünscht Dir KevinPatrik

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 30.03.2020, 20:29
von Petra Schöllkopf
Hallo KevinPatrick,

vielen Dank für Deine Info, auch wenn sie nicht gerade beruhigend ist.
Bei mir ist die OP so geplant, dass das Stoma kurz nach der ersten Flexur (Übergang in den Querdarm) gesetzt wird. Man erhofft sich durch die kurze Dickdarmpassage, dass die Peristaltik noch soweit anspricht, dass eine Funktion erreicht werden kann. Der restliche Dickdarm wird entfernt, d.h. eine Rückverlegung ist nie mehr möglich, macht bei der Situation auch keinen Sinn.
Mein Frage an dich? Wo saß bei Dir das Colon-Stoma?
Normalerweise sitzt dieses Stoma ja am linken Unterbauch. Das bedeute aber eine relativ lange Passage durch den Dickdarm.
Bei mir ist dies auch sehr erschwert, da ich einen elongierten, schlingenreichen Dickdarmverlauf habe und der eigentliche horizontale Querdarm bei mir wie ein großes M verläuft. Dadurch gibt es einige Ecken und Kanten mehr, in denen sich der Darminhalt stauen kann.

Dir jetzt noch einen schönen Abend

Grüße Petra

Fehlende Darmperestaltik durch MS (Multiple Sklerose)

BeitragVerfasst: 31.03.2020, 12:08
von KevinPatrik
Guten Morgen Petra,
wie ich aus Deinen Schilderungen erkennen kann, gibt es viele Möglichkeiten und Notwendigkeiten, ein Colonstoma anzubringen. In Deinem Fall ist es nachvollziehbar, dass das Stoma an der Stelle gesetzt werden muss, wegen der vorhandenen Problematik und Gegebenheit.
Bei mir wurde auf Grund eines tiefsitzenden Rektumkarzinoms, logischerweise im/am linken Unterbauch ein endständiges Stoma angelegt. Es sollte dort auf Dauer bleiben, wenn sich meine Heilung und Entwicklung vom Stand der Operation nicht verändern würde. Ich wollte mich mit dieser Tatsache partout nicht abfinden und habe verschiedene Praktiken ausprobiert, auch mentale, um einen positiven Heilungsverlauf zu erzielen.
Nach drei Monaten haben sich die Op– Eingriffe so positiv verändert, sprich sie sind gut verheilt, u.a. habe ich auch das Krankenhaus und somit auch den Ärztestab gewechselt, sodaß das Stoma rückverlegt werden konnte. Für weitere zwei Monate wurde mir protektorisch ein Illeostoma gelegt,
damit der Enddarm, der jetzt ohne Sigma auskommen muß, ausheilen konnte.
Also Du siehst Petra, daß Du auch mit eisernem Willen und professioneller Unterstützung einiges, wenn nicht gar vieles, erreichen kannst.
Nur am Rande sei noch eine Tatsache meinerseits erwähnenswert.
Ich hatte vor einigen Jahren eine schwere Borrelien– Myelitis durch einen Zeckenbiß erlitten. Ich war Abdomenabwärts bis zu den Beinen gelähmt. Der Rollstuhl stand am Ende der Krankheit vor meinem Bett.
Ich habe mich damals schon ebenso partout nicht mit der Tatsache abfinden können, den Rest meines Lebens im Rollstuhl zu verbringen. Unter Aufbietung aller Kräfte und Lebenswillen habe ich mich verschieden Therapien unterzogen mit dem Erfolg, daß ich heute selbstständig ohne Stock und Rollstuhl mich fortbewegen kann.
Vielleicht macht Dir diese Tatsache Mut, daß Du mit fester innerer Überzeugung und Lebenswillen im wahrsten Sinne „Berge versetzen“ kannst.
In diesem Sinne drücke ich Dir ganz fest die Daumen
KevinPatrik