Hallo Hauko,
Apotheke ist unschuldig!
Ja, das ist sie definitiv. Mir ging es aber primär hierum:
Der Versorger hat ohne mit mir vorher darüber zu reden, irgendeine Apotheke in meiner Gegend kontaktiert, die mir eine Packung Beutel bestellt. Sehr schön, nun weiß hier in meinem Nest bald ein jeder, dass Hauko Stomaträger ist.
Die Tatsache, dass man mit Dir nicht vorab geredet hatte, ist die eine Sache (und ja: ärgerlich), die andere Sache - und vor allem darum ging es mir - ist aber der letzte Satz. Und das sehe ich tatsächlich anders. Dann müsste ich ja jedem Arzt und jeder Stoma-Betreuung gegenüber Misstrauen hegen. Und ja, man hätte Dich fragen sollen, das sehe ich genauso.
Ich hatte einmal auch so eine Not-Situation. In einer Lieferung vom Sanitätshaus fehlten nämlich bei allen Beutel die Rastringverschlüsse. Lieferzeit: ca. 10 Tage. Da ich nur noch zwei Beutel zu Hause hatte, wurde ich doch ein wenig nervös. Damals war es mir völlig wurscht, wie ich zu funktionstüchtigen Beuteln komme, mir war nur wichtig, DASS ich sie rechtzeitig bekomme. Es erbarmte sich dann eine Praxis-Mitarbeiterin des Hausarztes, die zufällig am nächsten Tag einen Termin in der Klinik Innsbruck hatte und dort eine Packung Beutel bei der Stoma-Ambulanz organisierte. Die Frau wohnt in unserem Dorf und brachte mir die Packung transparenter (
) Beutel nach Hause. Ich war überglücklich. Die Versorgung bis zur Lieferung intakter Beutel war gerettet.
Meine persönliche Meinung ist, dass man beim Datenschutz mitunter übertreibt. Gerade heute sprach ich mit meinem Hausarzt darüber, der mir erzählte, dass ihn ein deutscher Feriengast verklagen will, weil er ihn im Warteraum mit Namen aufgerufen hatte, in zivilisierten Gegenden gäbe es Nummern, die man ziehen könne. Ich finde, da geht's dann echt zu weit. Was interessiert es die Welt, ob da nun ein Herr Kaiser Andreas oder ein Herr Müller Hubert aufgerufen wird? Keiner kennt sie oder interessiert sich für sie.
Und ja, in Wartezimmern erfährt man tatsächlich jede Menge über allerlei Krankheiten. Das besorgen aber meist die Patienten selbst, indem sie sich lautstark unterhalten, Frauen wie Männer gleichermaßen. Wie es in ländlichen Gebieten nun mal ist, kennt man die meisten dieser Plaudertaschen. Ich weiß also allein durch solche Gespräche, dass Eder Anna Diabetes hat, Wörter Fini wegen diverser Manien und Depressionen in Psychotherapie ist und Soder Wast kürzlich zwei Bypässe erhalten hat und zur Zeit auf Reha in Saalfelden ist. Und? Interessiert mich doch absolut nicht, außer wir sind befreundet, aber dann weiß ich es eh.
Stehe ich aber in der Apotheke oder an der Rezeption beim Hausarzt bzw. in der KH-Ambulanz, so ist doch i.d.R. ein gewisser Diskretionsabstand zu wahren, auf den (zumindest bei uns) großflächige Bodenmarkierungen hinweisen.
Was das Stoma betrifft, so ist es in ländlichen Regionen nahezu unmöglich, ein solches zu verheimlichen. Wie gesagt: einmal stationärer KH-Aufenthalt reicht da schon. Hat man Tratscher im Zimmer, so geht die vermeintliche Sensation natürlich rund.
Und nochmals: Ich habe seit 15 Jahren mein Stoma, aber mit Ausnahme der Anfangszeit war es nie ein Thema. Sehr viele wissen davon, doch da man mir nichts ansieht und ich ganz normal lebe, interessiert diese Tatsache wirklich niemanden. Ich bin genauso integriert wie jeder andere auch.
Die Wahrung der Intimsphäre finde ich im Internet wesentlich wichtiger, und da liegt es an jedem einzelnen, nur das von sich preiszugeben, was auch für eine riesige Öffentlichkeit gedacht ist. Eine Nichte von mir präsentierte sich vor Jahren in ziemlich fragwürdigen Positionen und Outfits bei FB, und dass auch noch öffentlich. Sie wurde (und wird bis heute) massiv belästigt und hat Probleme, die damaligen Fotos löschen zu lassen.
Ist verständlich, was ich meine?
Liebe Grüße
Angie