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Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 02.10.2018, 14:27
von Anna2018
Guten Tag,
ein Freund hat urplötzlich eine Notoperation am Darm und ein Stoma bekommen.
Eigentlich könnte er jetzt nach Hause entlassen werden. Da er aber nur noch mit Lupe etwas sehen kann, weiss er nicht wie er das bewerkstelligen soll.
Er bekommt Pflegestufe 1, aber keinen Pflegedienst erstattet, der den Wechsel durchführen kann.

Weiss jemand von Euch Rat?

Vielen Dank
Anna

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 02.10.2018, 16:49
von Hanna70
Hallo Anna,

mir fällt spontan nur ein: Wendet Euch an den Sozialdienst im Krankenhaus. Der sollte Euch die nächsten Schritte sagen können bzw. auch in die Wege leiten.

LG Rosi

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 02.10.2018, 18:41
von Anna2018
Liebe Hanna, vielen Dank. Wir schauen mal.
Anna

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 02.10.2018, 23:22
von doro
Liebe Anna,

da ich lange Zeit mit blinden Menschen gearbeitet habe,ist mir leider sehr bewusst,das Dein Freund vor einer schwierigen Aufgabe steht.Man könnte sich einmal beim Optiker des Vertrauens erkundigen,wie groß eine stellbare Luper,also stellbar wie hinstellbarer Spiegel fürs Aufstellen z.B. auf dem Waschbecken,sein könnte damit er den Versorgungswechsel alleine bewältigt.
Es ist nicht der Versorgungswechsel an sich,der Probleme bereitet.
Da kann man die Platten vorbereiten und bei Einteilern wäre es auch zu bewältigen.
Da sind die Finger eines sehbehinderten sensibel genug.
Aber so ein Darm arbeitet auch gerne bei der Versorgung.Das soll heissen,es fördert :aah: Sollte er ein Ileostoma haben,kann es
manchmal sehr „Lustig“ werden. :ichKannsNichtGlauben:
Da kann es mit der Hygiene schwer werden
Stell doch einmal bei Eurem BV die Frage,wie man hier Lösungen findet,denn unter den vielen blunden Menschen wird es sicherlich auch Stomaträger geben.
Für so etwas sind Vereine/ Verbände da, da muss man kein Mitglied sein.
Wenn ihr nicht weiter wisst,kann ich mit Adressen helfen.

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 02.10.2018, 23:26
von dschortsch
Hallo, Anna,
liest sich schlecht. Vielleicht könnt ihr "auf Zeit spielen", ich bin mir sicher, daß ihr die Leistungen für die Stomaversorgung erstattet bekommt. Ich denk mal, wenn ihr bei einem Pflegestützpunkt vorsprecht und dort das Problem darlegt, werden die sowohl eine Leistung finden, die sie in diese Richtung anbieten können, als auch eine Abrechnungsmöglichkeit dafür. Die leben schließlich davon und kennen den Leistungskatalog sehr genau. Nur braucht ihr dort einen Termin und morgen ist Feiertag.... hoffentlich verlängert das Krankenhaus die Aufenthaltsdauer dementsprechend? Ich drück euch die Daumen und hoffe für euch..... :roseSchenken:

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 03.10.2018, 13:00
von Anna2018
Danke DORO und dschortsch für Eure Anteilnahme und antworten. Da fühlt man sich nicht so alleine gelassen. Es ist furchtbar schwer. Er ist sehr verzweifelt. Und der Vorschlag eines anderen Freundes, dann solle er doch ins Pflege- bzw. Seniorenheim gehen, nimmt ihm noch mehr den Mut,

Werde mich mal um Eure Vorschläge kümmern. Vielleicht erreicht man ja was.

Lieben Dank

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 03.10.2018, 18:43
von Merlina
Hallo Anna,

willkommen im Forum! Toll, dass Du Deinen Freund unterstützt!

Das ist eine wirklich schwierige Situation und ich fühle sehr mit Deinem Freund, denn letztlich kann jeder von uns auch in so eine Situation kommen, im hohen Alter z.B. - ich mag mir das auch nicht vorstellen.

Ein paar Fragen:

1.Ist Dein Freund denn grundsätzlich in der Lage sich (ohne Stoma) gut selbst zu versorgen und ist er einigermaßen geschickt mit den Händen?
2. Wird das Stoma bleiben, oder besteht Aussicht auf Rückverlegung?
3. Hat er ein Colostoma (Dickdarm) oder ein Ileostoma (Dünndarm)?
Das macht einen großen Unterschied bzgl. Häufigkeit und Praktikabilität und Tipgeberei. Wie Doro schon sagte, ein Ileostoma kann z.B. während des Wechsels etwas produzieren, was man ggfs. durch einen klaren Ernährungsrhythmus und spezielle Wechselzeiten steuern kann.

Ein paar Anmerkungen:

- So ein Ereignis ist erstmal sehr belastend, und die Abwehr und ggfs.sogar Abscheu kann anfangs sehr groß sein. Das legt sich hoffentlich irgendwann. Bei mir war es so, dass ich mit der Zeit die bessere Lebensqualität und mein gerettetes Leben in den Vordergrund stellen konnte, und mein Stoma mir in der Folge „sympathischer“ wurde. Wenn Dein Freund das für sich auch irgendwann umsetzen kann, wird es auch leichter das Stoma zu versorgen.

- Es wird sowieso leichter das Stoma zu versorgen, wenn man sich erholt hat, der Darm sich umgewöhnt hat, und man etwas Routine bekommen hat. Er wird mit der Zeit einen sehr klaren Ablauf entwickeln, mit der er den Wechsel macht.
Man lernt seinen Darm und die Zeichen mit der Zeit ganz gut kennen und so wird alles kalkulierbarer. Es wird sich auch ein gewisser Rhythmus einstellen, der durch Ernährungsweise und -zeiten beeinflussbar ist. (Es sei denn, er hat sein Stoma an einer sehr schwierigen Stelle oder extrem viel Darm verloren.

- Wenn er sich gut organisiert und selbst ein gewisses Geschick hat und ein gutes Netzwerk an Helfern, stelle ich mir vor, dass auch bei vollkommener Erblindung alles funktionieren kann.
Dafür ist z.B. eine Versorgung erforderlich, die sehr gut erfühlbar ist, dafür ist sicher auch ein zweiteiliges System mit Rastring die bessere Lösung. Und jemand muss ihm zuverlässig die Platten auf Vorrat ausschneiden, er sollte immer eine größere Menge übrig haben.

- Falls er ein Ileostoma hat, und den Beutel mehrmals am Tag leeren muss, ist die Beschaffenheit des Auslasses sehr wichtig. Es gibt welche, die man nicht gut ertasten kann. Ich kann mir vorstellen, dass Coloplast eine gute Wahl wäre. Den Auslass kann man sehr gut zwischen Daumen und Zeigefinger „aufschieben“.

Und mein Tip:

Ich würde an Deiner Stelle als erstes mal einen guten/großen Versorger anrufen.
Sobald er entlassen ist, wird er ja eine Stomatherapeutin haben, die für ihn zuständig ist. Die Versorger sollten sich am besten damit auskennen, wie man in so einer Lage agieren muss!

Der GHD Gesundheitsdienst Deutschland GmbH z.B. ist ein großer Versorger mit Markteinfluss. Er hat ein deutschlandweites Netz und ist auf ALLE Themen ausgerichtet: https://www.gesundheitsgmbh.de - aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass der GHD sich aktuell immer differenzierter aufstellt und seine Mitarbeiter schult.
Es muss möglich sein, eine sehr enge Betreuung zu organisieren. Ich habe übrigens auch eine Notfalltelefonnummer für das Wochenende.

Ich würde Dir empfehlen, Dich dort zu informieren, Du findest auf der Internetseite auch eine Suchfunktion für Euren Wohnort.

Weil Doro den Optiker erwähnte fiel mir noch ein, dass ich beim Optiker gerade ein Lesegerät gesehen habe, dass die Größe eines iPads hat und mit dem man auch Fotos machen kann. Möglicherweise kann es helfen, damit z.B. selbst ein Foto der aufgeklebten Platte zu machen, und das dann zu vergrößern und so den Sitz zu kontrollieren. Das Gerät kostet viel, aber vielleicht zahlt die KK das ja.

Sehr hilfreich ist:

Ich habe zur Sicherheit eine Unterlage aus dem Babysortiment des Drogeriemarktes auf Hüfthöhe unter dem Bettlaken liegen.
Und sehr beliebt bei vielen von uns: Du kannst Du bei http://www.stoma-naund.de den Bilby für ihn bestellen. Der hält den Beutel nachts an einer Stelle und schützt ein bisschen die Wäsche, falls doch etwas daneben geht. Ein voller Beutel hat viel Gewicht und es besteht im Schlaf ein leicht erhöhtes Risiko, dass man sich drauf legt. Mit dem Bilby fühlt sich der Bauch sicher an.

Ich wünsche Deinem Freund, dass er bald über den ersten Schreck hinweg kommt und eine gut lebbare Lösung für sich findet. :roseSchenken: :roseSchenken: :roseSchenken:

LG, Merlina

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 03.10.2018, 19:20
von Wollejames
Eventuell kann vorübergehend ein Hauspflegedienst helfen? Aber nur vorübergehend, bis sich alles eingespielt hat. Hat mir auch geholfen.
Ich wünsche alles Gute!

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 03.10.2018, 22:26
von Anna2018
Merlina, ich bin überwältigt von so vielen nützlichen Infos. Danke dafür. Und auch Wollejames - ein toller Tipp.
Werde Euch berichten wie es weiter geht. Habe jetzt aber schon mehr Mut, dass wir eine Lösung finden.
Ich wohne etwas weiter weg und wir telefonieren nur und ich weiss noch nicht, was er für ein Stoma hat. Vermutlich Dickdarm - aber ich kläre das mal besser. Wußte garnicht, dass es so viel Unterschiede gibt.

Danke Euch Allen hier im Forum nochmal ganz herzlich.

Eigene Stomaversorgung bei fast Blindheit nicht möglich

BeitragVerfasst: 03.10.2018, 23:49
von Merlina
Hallo Anna,

dann noch eine kleine Ergänzung:

Falls er ein Dickdarmstoma hat, kann er nach einer gewissen Heilungszeit auch irrigieren...mit einem speziellen Schlauch den Darm spülen. Dadurch hat er dann ein paar Tage keine Ausscheidungen.
Wenn das möglich ist, wird alles einfacher! Die Irrigation könnte dann auch eine andere Person machen, und er ist safe.

Vielleicht trägt diese (hoffentlich mögliche) Aussicht etwas zur Entspannung bei.

Dieses Lesegerät ist hier zu finden https://de.optelec.com/Produkte/13212-compact-7-hd.html
Ich will hier keine unpassende Werbung machen, weiss auch nicht ob es andere Hersteller gibt, die derartige Produkte anbieten. Ich habe aber gerade das große Tischgerät selbst gesehen. Ich hatte auch Kritik daran, aber grundsätzlich fand ich es beeindruckend. Aber vermutlich kennt sich Dein Freund mit solchen Produkten sowieso gut aus.

LG, Merlina