Hallo Andrea,
herzlich willkommen im Forum! Toll, dass Du Deinen Partner so gut unterstützen magst und an seiner Stelle die Informationen einholst. Nach so einer Diagnose mit dieser Aussicht ist man verständlicherweise erst einmal schockiert! Wenn dann ein anderer mitdenkt und versucht den Überblick zu behalten, ist das unglaublich wertvoll!
Folgende Dinge möchte ich anmerken:
1. es gibt - wie Du selbst schon sagtest - keine sinnvolle Alternative zur OP. Darum hilft nur Augen zu(auf ist besser
) und durch. Das ist jetzt so und Ihr werdet das bewältigen!
2. die Kolektomie incl. der Tumorentfernung würde ich
nicht als Routine-OP bezeichnen. Es gilt: der Chirurg sollte mindestens(!) 10 dieser OPs im Jahr machen. Das ist die gängige Größe, die ein gewisses Maß an Erfahrung vermuten lässt. Also:
OP nur in einem Darmzentrum, am besten in einem, das auch auf CED spezialisiert ist.
3. insbesondere bei Männern besteht die Gefahr, dass eine OP im kleinen Becken Nerven verletzt. Darüber solltet Ihr aufgeklärt werden. Und auch aus diesem Grund sollte die OP von einem versierten Kolonproktologen und Viszeralchirurgen gemacht werden. M.E. sollte man bei einer so großen und geplanten OP den Chirurgen aussuchen können und sich vergewissern können, dass er selbst die OP macht.
4. solltet Ihr noch Zeit haben, sprecht über die Stomaanlage vorher mit dem Chirurgen oder der Stomaschwester und zeichnet das Stoma für die OP an. Das bedeutet, dass Dein Freund/Ehemann mit seiner üblichen Kleidung prüft, wo z.B. der Hosenbund sitzt, damit dieser nicht mit der Platte des Beutels kollidiert. Außerdem wird im Liegen, Sitzen und beim Bücken geprüft wo Bauchfalten entstehen, damit das Stoma nicht in eine Bauchfalte angelegt wird. Das kann später sonst erhebliche Versorgungsprobleme verursachen.
5. was die Krebsdiagnose angeht und ggfs. daraus folgende Maßnahmen, kann ich nicht viel sagen. Nur, dass es danach für 5 Jahre sinnvoll ist, die Leber regelmäßig per Ultraschall zu untersuchen.
6. nach der OP kann Dein Freund eine AHB(Anschlussheilbehandlung) in Anspruch nehmen. Das kann sehr hilfreich sein. Organisiert wird das meist vom Sozialdienst des KH.
7. auch wenn die Aussicht auf ein Stoma alles andere als schön ist, und wir uns vermutlich alle beim ersten Anblick erstmal erschrecken und alles ablehnen werden....man gewöhnt sich sehr schnell daran. Wenn Dein Freund eine längere CU-Karriere hat, mit vielen Durchfällen, dann ist ein Stoma vermutlich ein großer Gewinn! Der Beutel am Bauch kann immer mal wieder einen Frust verursachen, auch nach Jahren. Aber er ist praktisch, ermöglicht ein sehr freies Leben und man kann nach einigen Monaten meist fast alles wieder machen.
8. Wichtig ist, je nachdem wie vortrainiert die Bauchmuskulatur Deines Freundes ist, dass er anfangs wenig hebt und alle bauchmuskelrelevanten Bewegungen sehr achtsam ein leicht ausführt. Es besteht die Gefahr der Hernienbildung. Sie liegt bei ca. 50%. Manche Chirurgen raten zu Beginn dazu eine leichte Bandage zu tragen. Außerdem sollte er beim Niesen, Husten, abrupten Bewegungen und falls er sich übergeben muss, die Hand auf das Stoma drücken und es festhalten!! Auch beim Aufstehen aus dem Bett oder vom Fußboden sollte anfangs eine physiologisch nicht belastende Bewegungsweise mit dem Physiotherapeuten eingeübt werden.
9. Die ersten ca. vier Tage werden nicht angenehm sein, aber das Schmerzmanagement ist in den spezialisierten Kliniken unglaublich gut! Man bekommt sehr gute Medikamente, die sehr fein dosiert werden und Schmerzfreiheit ermöglichen. Sobald wie möglich sollte man versuchen ein paar Schritte auf dem Flur zu machen. Sobald wie möglich den Beutelwechsel selbst machen.
Was kommt sonst auf Euch zu? Ich denke, wenn der Tumor noch klein ist, und Ihr die Nachsorge je nach Befund auch in den nächsten Jahren regelmäßig macht, wird ein möglicherweise fast normales Leben auf Euch zukommmen.
....sobald alles gut verheilt ist.
Natürlich wird nie wieder alles wie vorher. Aber wenn er stark unter der CU gelitten hat, wird ggfs. alles besser sein als zuvor. Mir geht es so, ich hatte allerdings nur eine Vorstufe von Krebs. Ich bin sehr froh, auch wenn ich ab und zu damit hadere, habe ich ein viel besseres Leben mit Stoma als zuvor!
Es gibt viele Möglichkeiten den Beutel zu kaschieren. Niemand muss das mitkriegen. Aber es macht auch nichts, damit offen in der Gemeinschaftsdusche zu duschen. Er wird Sport machen können und sollte das auch tun, den Bauch sollte er dabei mit einer Bandage schützen.
Viel Glück und Mut für Euch, Ihr werdet das alles bewältigen und schon bald wieder optimistischer sein!
LG, Merlina