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High-Output Ileostoma

BeitragVerfasst: 18.09.2021, 00:09
von Simon
Hallo zusammen,

vorab, falls ich hier das falsche Forum erwischt habe, bitte den Thread verschieben. Aber zu meinem Anliegen. Folgende Situation:

Ich bin 30 Jahre, habe seit 13 Jahren Morbus Crohn. Leider bekam ich seit Diagnose die Krankheit mit keinem Medikament in Griff und so kam es, dass 2011 bei mir ein großes Stück Dickdarm entfernt wurde.

Soweit so gut. Nun kam ich im Dezember 2020 in Mannheim (Prof. Dr. Kienle) in die Notaufnahme. Dort wurde bei mir dann ein Darmverschluss diagnostiziert. Am Folgetag war dann die "Not"-OP, welche auch recht schwer verlaufen ist (~10 Std. im OP, viele Verwachsungen etc.). Danach als Känguru auf der Intensivstation mit einem Ileostoma aufgewacht. :/

Da ich es aufgrund meiner Vorerkrankung gewohnt bin, Dinge positiv zu sehen, bin ich mit der Situation klargekommen. Die RV sollte eigentlich schon im März stattfinden, doch leider wurde in den Voruntersuchungen im Dickdarm eine weitere Engstelle (Stenose) entdeckt. Diese wurde bisher 3x per Darmspiegelung dilatiert. Nun ist diese Engstelle auf ~2 cm geweitet und ich habe einen Termin zur RV am 29.09.

Soviel zu meiner "Vorgeschichte". Mein größtes Problem was ich aktuell und auch die letzten Monate hatte, ist die "Konsistenz" des Stuhls. Das Ileostoma wurde bei mir angebracht, damit sich mein Restdarm wieder ein bisschen erholen kann, d.h. mein Stoma ist relativ weit oben beim Dünndarm.

Und hier sehe ich auch das Problem. Egal was ich mache, es kommt einfach nur wie Wasser heraus.
Egal ob Colestyramin, Loperamid, Flohsamen, Bananen, Kartoffeln, Haferflocken nichts hilft.
Ich esse etwas, und 10 Minuten danach muss ich direkt aufs "Klo", weil der Beutel allein von Verdauungssäften voll ist. Das Essen an sich ist spätestens nach 20-30 Minuten wieder draußen. Und ja, selbst mit Trinkpausen (davor und danach). Ich hatte mehrere Monate auch das "heilige" Tinctura Opii. Leider nur extrem hoch dosiert geholfen (4x tägl. 50-70 tropfen) - Problem nur das dies keine Dauerlösung war. Natürlich wurde mein Körper auch danach abhängig und da ich im Moment wieder "clean" bin, sollte das auch erstmal so bleiben. :)

Ein weiteres großes Problem ist jetzt noch mein Gewicht. Beim Stand der OP im Dez. 20 war ich bei ca. ~62 kg auf 1,78 cm - Das an sich ist schon nicht so viel. Jedoch durch die extrem blöde Situation habe ich in den letzten Monaten mehrere Kilos verloren. Aktuell bin ich bei ~54/53 kg. Meine Bedenken sind natürlich auch, dass die RV aufgrund meiner Kondition noch nicht stattfinden kann.

Habt ihr sonst noch irgendwelche Tipps die ich bezüglich der Häufigkeit und Konsistenz anwenden könnte? Bin für alles offen.
Falls ihr noch Informationen benötigt einfach fragen. :)

Liebe Grüße!

High-Output Ileostoma

BeitragVerfasst: 22.09.2021, 13:29
von Smile
Hallo Simon,

könntest Du kurz schreiben, wie Du das Loperamid eingenommen hast und welches (normale Tabletten oder lingual Schmelztabletten)? Wann im Bezug auf die Mahlzeit eingenommen?

Schreib mal bitte, was Du so über den Tag verteilt isst und trinkst.

Liebe Grüße
Smile

High-Output Ileostoma

BeitragVerfasst: 22.10.2021, 20:55
von Monsti
Ich esse etwas, und 10 Minuten danach muss ich direkt aufs "Klo", weil der Beutel allein von Verdauungssäften voll ist.


Und da strebst Du tatsächlich eine Rückverlegung an? Na, Du bist ja echt mutig! Ich fürchte, Du wirst dann Deinen Lebensmittelpunkt über lange Zeit in der Nähe des Klos platzieren müssen - den roten, schmerzenden Pavianhintern gibt es gratis dazu.

Ich habe mein Ileostoma mittlerweile bald 18 Jahre, und erst seit ungefähr 5 Jahren hat sich das mit den Ausscheidungen gut eingependelt, so dass ich zumindest den Entleerungsrhythmus des Beutels im Griff habe. Nach wie vor sind meine Ausscheidungen aber dünnbreiig bis wasserdünn. Ich bin heilfroh, dass die Soße nicht unten rauskommt.

Bitte überlege Dir das mit der Rückverlegung sehr gut!

High-Output Ileostoma

BeitragVerfasst: 24.10.2021, 22:33
von Melli
Hallo zusammen!

Mein erster Gedanke war wie Monstis, aber ich glaube, es ist so, dass bei der Rückverlegung das ausgeschaltete Stück Dick/Dünndarm wieder angeschlossen wird, so dass der Pavianhintern nicht sein muss.
Wenn schon derart viel Opiumtinktur (spreche aus Erfahrung) nichts geholfen hat, wird wohl auch kein Loperamid etc helfen können. Wie sieht es mit parenteralen Ernährung aus, damit du nicht vom Stängel fällst? Solange dein Allgemeinzustand (noch) stabil ist, sollte die OP aber möglich sein. Was sich nicht gut anhört, sind aber leider die Stenosen.

Viele Grüße
Melli

High-Output Ileostoma

BeitragVerfasst: 25.10.2021, 18:13
von Simon
Smile hat geschrieben:Hallo Simon,

könntest Du kurz schreiben, wie Du das Loperamid eingenommen hast und welches (normale Tabletten oder lingual Schmelztabletten)? Wann im Bezug auf die Mahlzeit eingenommen?

Schreib mal bitte, was Du so über den Tag verteilt isst und trinkst.

Liebe Grüße
Smile


Meine Gastroenterologin hatte mir geraten morgens, mittags und abends jeweils zwei zu nehmen.
Beipackzettel meinte nach jedem Durchfall (was aber so gesehen bei mir ja nicht funktioniert).
Habe allerdings auch schon andere "Methoden" probiert. Also 10-30 Minuten vor dem Essen etc.

Ich hatte stets die "normalen" Tabletten. Habe jedoch auch (ich weiß nicht, ob hier im Forum oder in einem anderen) gelesen, dass jemand bei den "normalen" Tabletten kein Effekt hatte, und bei den Lingual Akut einen sehr großen.
Daraufhin habe ich sie mir erstmal privat gekauft und getestet. Und siehe da, diese haben schon besser funktioniert.

Morgens habe ich meistens Haferflocken (meist in Joghurt) und Flohsamen/Chia Samen etc. gegessen. Danach im Laufe des Tages 1-2 Bananen. Zwischendurch, wenn ich Hunger hatte (was recht oft war, weil ja nichts groß drinnen geblieben ist) mal ein Weißbrot mit Käse/Wurst. Große Mahlzeit meistens versucht Kartoffeln (in jeglicher Form :D) zu essen. Getrunken habe ich nur stilles Wasser. 30-60 Minuten vor dem Essen und ca. 1 - 1 1/2 Std. nach dem Essen.

Monsti hat geschrieben:
Ich esse etwas, und 10 Minuten danach muss ich direkt aufs "Klo", weil der Beutel allein von Verdauungssäften voll ist.


Und da strebst Du tatsächlich eine Rückverlegung an? Na, Du bist ja echt mutig! Ich fürchte, Du wirst dann Deinen Lebensmittelpunkt über lange Zeit in der Nähe des Klos platzieren müssen - den roten, schmerzenden Pavianhintern gibt es gratis dazu.

Ich habe mein Ileostoma mittlerweile bald 18 Jahre, und erst seit ungefähr 5 Jahren hat sich das mit den Ausscheidungen gut eingependelt, so dass ich zumindest den Entleerungsrhythmus des Beutels im Griff habe. Nach wie vor sind meine Ausscheidungen aber dünnbreiig bis wasserdünn. Ich bin heilfroh, dass die Soße nicht unten rauskommt.

Bitte überlege Dir das mit der Rückverlegung sehr gut!


Mittlerweile ist die OP ja schon rum. Sorry auch noch an alle, dass ich mich nicht mehr gemeldet hatte, aber es ging dann doch relativ schnell alles.

Am Vortag der Stoma RV wurde bei mir ein MRT mit rektaler Füllung gemacht um zu schauen, ob die Engstelle "weiter unten" - im Dickdarm gut passierbar ist oder nicht. - Natürlich konnte man es damit nicht feststellen, sodass am Folgetag direkt VOR der OP noch eine Darmspiegelung gemacht werden musste. Wäre die Engstelle wieder kleiner gewesen, hätte man diese direkt geweitet und danach dann operiert. Aber war anscheinend noch einigermaßen gut passierbar, sodass die OP auch wie geplant stattfinden konnte.

Bei der OP an sich habe ich logischerweise nicht viel mitbekommen. Mir wurde im Nachhinein gesagt, dass ich anscheinend mal wieder ein paar Verwachsungen im Bauchraum hatte, die ebenfalls entfernt wurden. Die RV hat ohne Probleme funktioniert.

Der Tag danach lief ein wenig holprig. Erst Tee/Suppen/Fresubin bla bla bla - kennt ihr ja alles schon. Wo andere eher die Inkontinenz hatten und was "daneben" ging, blieb bei mir der Stuhlgang - obwohl voller Magen - erst einmal aus.
Ein Tag später (Freitag) hat aber auch das funktioniert. Klar am Anfang flüssig usw. aber ich konnte es trotzdem relativ gut halten. Der Pavianhintern war natürlich nicht so angenehm, aber hat bei mir auch "nur" ca. 1 Woche angehalten. Am Sonntag habe ich mich dann selbst und gegen ärztlichen Rat entlassen. (Mittwoch - Sonntag)

Mittlerweile (auch wenn es noch keinen Monat her ist) hat es sich bei mir wieder sehr gut eingependelt.
Ich kann bzw. könnte wieder alles essen, was ich möchte. Die Stuhlfrequenz hat sich auch 5-6x Tägl. Eingependelt (ohne Loperamid oder sonstigem) und das "Loch" in der Bauchdecke (offene Wundheilung) ist fast komplett zugeheilt.

Gewichts technisch bin ich auch wieder auf ca. 62 kg und fange seit ca. einer Woche langsam wieder mit Sport an. (Fitness, Gewichte, Fahrradfahren, Ausdauer - Alles was direkt mit Bauchmuskulatur zu tun hat, meide ich natürlich noch)
Nachts kann ich ohne Probleme wieder durchschlafen und auch das "selbstbestimmte Duschen" (:D) hat mir sehr gefehlt. Mit Stoma konnte ich nur morgens Duschen da ich es direkt mit wechseln verbunden hatte. (Im Winter - oder generell mit einer nassen Platte/Beutel empfand ich nicht so angenehm, mal von der Funktionalität danach zu schweigen).

Also alles in allem war das für mich - so wie es gelaufen ist - die Beste Entscheidung die ich treffen konnte.


Monsti hat geschrieben:Ich habe mein Ileostoma mittlerweile bald 18 Jahre, und erst seit ungefähr 5 Jahren hat sich das mit den Ausscheidungen gut eingependelt, so dass ich zumindest den Entleerungsrhythmus des Beutels im Griff habe. Nach wie vor sind meine Ausscheidungen aber dünnbreiig bis wasserdünn. Ich bin heilfroh, dass die Soße nicht unten rauskommt.


Stand bei dir die RV zu irgend einem Zeitpunkt im Raum? Wie hast Du das die 13 Jahre davor gehandhabt?

Ich für meinen Teil habe es oben ja schon geschrieben. Für mich war so fern eine RV möglich ist/war das Stoma keine Option! Denn was hätte nach der Stoma RV für mich schlimmer sein sollen? Dass ich 5 Minuten nachdem ich was gegessen habe aufs Klo muss? Oh wait - musste ich mit dem Stoma auch! Ich für meinen Teil hatte mit dem Stoma nur Nachteile. Mal von dem ganzen Versorgungswechsel, undichten Platten usw. zu schweigen.
Auch Berufstechnisch (bin Erzieher) hätte da ein künstlicher Darmausgang mit Beutel keinen Platz gehabt. (Ich hätte damit aber auch gar nicht wegen dem Ernährungszustand etc. arbeiten können)

Ich denke, es kommt aber halt auch immer auf die Situation und auf den Menschen drauf an. Jeder ist individuell. Da wird das Alter, die Kondition, Erkrankungen, Organe, dauer des Stomas und und und darauf ankommen.

Melli hat geschrieben:Hallo zusammen!

Mein erster Gedanke war wie Monstis, aber ich glaube, es ist so, dass bei der Rückverlegung das ausgeschaltete Stück Dick/Dünndarm wieder angeschlossen wird, so dass der Pavianhintern nicht sein muss.
Wenn schon derart viel Opiumtinktur (spreche aus Erfahrung) nichts geholfen hat, wird wohl auch kein Loperamid etc helfen können. Wie sieht es mit parenteralen Ernährung aus, damit du nicht vom Stängel fällst? Solange dein Allgemeinzustand (noch) stabil ist, sollte die OP aber möglich sein. Was sich nicht gut anhört, sind aber leider die Stenosen.

Viele Grüße
Melli


Siehe oben! - Aber genau. Das "inaktive" Stück Dickdarm wurde wieder "reaktiviert". So viel war das zwar nicht mehr, aber gefühlt wurde mein Stoma ja nach 10 cm Dünndarm geschaltet, d.h. jetzt geht das Essen wieder durch den restlichen Dünndarm & Dickdarm. Selbst wenn das Essen unten flüssig rauskommen sollte, so habe ich trotzdem Zeit gewonnen. Zeit indem mein Darm Nährstoffe aufnehmen kann und Zeit, die ich habe und nicht direkt nach dem Essen auf die Toilette muss.

Parenterale Ernährung hatte ich kurzzeitig im Sinn. (hatte darüber auch mit meiner Mutter gesprochen, Sie kommt aus dem medizinischen und arbeitet im Moment in der Pflege) Hätte evtl. Sinn ergeben, war meiner Meinung aber auf die kürze nicht realisierbar. (Außer evtl. KH etc.)
Das mit den ~53/54kg war ja nur ca. 3-4 Tage vor der OP. Hat im Endeffekt ja auch alles so ganz gut geklappt! :D

Falls sonst noch wer was wissen möchte. Gerne melden! :)
Und an alle anderen, die das hier lesen und auch vor der RV-Thematik stehen - nicht den Mut verlieren! :)

Liebe Grüße
Simon

High-Output Ileostoma

BeitragVerfasst: 25.10.2021, 22:39
von Monsti
Mein Glückwunsch, Simon! Ich hoffe, es geht nun bergauf.

Wie Du schreibst, spielt auch das Alter eine Rolle. Bei meiner Kolektomie war ich mitten in den Wechseljahren. Meine letzten beiden Periode hatte ich direkt danach - nach über 6 Monaten Pause. Danach war dann endgültig Schluss. In meinem Alter wollte ich keine Pouch-OP. Mit 25 hätte ich sie bestimmt gewagt.

Heute bin ich heilfroh, dass ich mich gegen die Rückverlegung mit Pouch entschieden habe. Mit meinem Stoma lebe ich prima.

Alles Gute für Dich!