von kalinchen » 08.01.2024, 16:11
Hallo Forum,
ich hatte mal vor längerer Zeit wegen meines Bruders einen Eintrag ins Forum gemacht. Nun bin ich wieder mit einer Frage da, vielleicht weiß ja jemand Rat.
mein Bruder: 60 Jahre, jahrzehntelang colitis ulcerosa, seit 8 Jahren Ileostoma, Dickdarm weg und nur noch wenig Dünndarm, über die Jahre immer wieder Komplikationen, Hernien, Verwachsungen usw.
Seit einigen Jahren hat er in unregelmäßigen Abständen sehr starke Muskelkrämpfe, die schon lebensbedrohlich wirken. Er bekommt dann Infusionen (falls er den Telefonhörer noch erreicht kommt seine Stoma-Schwester, ich weiß nicht genau was er bekommt). Es dauert dann einige Tage bis sich das wieder beruhigt. In dieser Zeit liegt er wirklich nur schmerzgekrümmt im Bett. Die Infusionen hat man ihm mal mit Ports (rechts, später links) gegeben, allerdings haben die sich immer wieder bakteriell entzündet, so dass es nun wieder durch die Armvene geht. Nun meine Fragen:
- woher kommen diese schweren Muskelkrämpfe?
- kennt ihr das und wie geht ihr mit den Infusionen um? Möglicherweise jede Woche oder so?
- sollte er sich mal von einem Spezialisten untersuchen/beraten lassen? In seiner Heimatstadt sagt der Gastroenterologe nur, er soll 8 Liter Wasser am Tag trinken. Toll.
- ich wohne in Hamburg, vielleicht weiß ja hier jemand einen Spezialisten.
Lieben Dank für's "zuhören" und vielleicht antworten!
von Butterfly » 08.01.2024, 19:30
Hallo Kalinchen
8 Liter (!) sind ein No Go - auch bei Kurzdarm. Da wird alles an Ernährung gleich mitrausgespült.
Wie lang ist denn der Kurzdarm? Spezialist in HH ist dafür Dr. Pape, Chefarzt im KK.
Und ein Schmerztherapeut gehört involviert. Ihr solltet wissen, was es für Infusionen sind. Nur Buscopan? Novalgin? Opioide?
Sucht euch unbedingt einen Hausarzt für das Allgemeine, einen Schmerztherapeuten und einen gescheiten Internisten (s.o.).
Liebe Grüsse
Butterfly
von kalinchen » 09.01.2024, 01:46
Hallo Butterfly, vielen Dank für die schnelle Antwort!
Ich habe inzwischen mit meinem Bruder telefoniert: genau, Novalgin und Buscopan. Opioid bekam er als Pflaster, das ist aber leider mit ziemlicher Übelkeit verbunden. Also lieber Teufel oder lieber Beelzebub. Naja. Meist bekommt er 2-3 Durchgänge der Infusionen und dann stabilisiert es sich langsam wieder.
Wie kurz der Darm ist, müsste ich nochmal fragen.
An Dr. Pape habe ich auch schon gedacht und das Sekretariat angeschrieben. Habe ihn mit Dr. Google gefunden. Du hast recht, ein Schmerztherapeut ist eine gute Idee! Da bin ich noch nicht drauf gekommen! Ich werde das alles dem Brüderchen dann morgen berichten.
Lieben Dank und liebe Grüße!
von Butterfly » 09.01.2024, 10:18
Naja, Buscopan und Novalgin helfen, aber wenn sie so spät erst gegeben werden, ist das allenfalls unterstützend. Damit würde ich auch nicht über die Runden kommen als Notfallmedikation.
Wichtig ist auch zu wissen, woher die Schmerzen kommen.
Ggf ist eine Kombi aus Schmerzmitteln sinnvoll. Wenn z.B. die Pflaster (Fentanyl, eigentlich gut verträglich) in einer hilfreichen Dosis zu Übelkeit führen, kann auch eine niedrigere Dosis geklebt werden, die noch geht. Dann kann man die Wirkung abends z.B. mit Mirtazapin verstärken oder zum Ausgleich Arcoxia oder Lyrica dazugeben. Das kann alles ein ausgebildeter Schmerztherapeut, aber kein Hausarzt. Problem ist nämlich, dass der Arzt wissen muss, an welche Rezeptoren die Mittel binden und was in der Kombi funktioniert - sonst kann es dazu kommen, dass sie sich gegenseitig aufheben (hat man mal bei mir auf der ITS gemacht, da kannst du noch so viel in die Infusion reinkippen, es kommt dann nichts an). Z.B. gibt es bei Schmerzattacken auch schnell wirksames Spray mit Opioiden.
Dein Bruder sollte nicht warten, bis nichts mehr geht. Denn Schmerzmittel auch in hoher Dosis müssen am Anfang gegeben werden, dann wirken sie besser. Ist er in der Attacke drinnen, braucht er länger, um sich davon zu erholen.
Ein mieser Schmerzattacken-Tag hängt bei mir 3 Tage nach, bis ich wieder normal bin. Deshalb ist es nicht überraschend, was du schreibst.
Und je nach Ursache ist es auch möglich, dass man ein anderes Medikament braucht. Deutschland ist bzgl Cannabis-Zulassung weiter als die Schweiz. Das wirkt z.B. deutlich besser bei Phantomschmerzen, sagt mein Schmerztherapeut hier. Denn ja - man kann auch Phantomschmerzen haben, wenn weite Teile Darm fehlen! Medizinisches Cannabis ist deutlich nebenwirkungsärmer als Fentanyl oder Oxycodon, deshalb ist diese Stigmatisierung in der Gesellschaft für Schmerzpatienten wirklich schlecht. Da ich keine Möglichkeit habe dies zu erhalten, bekomme ich jetzt eine Oxy-Arcoxia-Buscopan-Mischung (mit Nebenwirkungen, aber die sind dann egal).
Ist die Schmerzattacken rum, brauche ich keine Schmerzmittel im Alltag.
Toitoitoi bei der Suche nach einem guten Schmerztherapeuten. Vielleicht kann euch Dr. Pape auch direkt zu einem guten überweisen.
Liebe Grüsse
Butterfly
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