Neu hier? | schnell registrieren!

Wenn ihr an meiner Stelle wäret... – Seite 3

Mit einem Stoma ist das Leben anders, aber nicht weniger lebenswert. Trotzdem stellt es uns vor so manche Herausforderung. Hier ist das Forum für eure Fragen und Erfahrungen zum Alltag mit einem Stoma.
Antwort erstellen
63 Beiträge • Seite 3 von 71, 2, 3, 4, 5, 6, 7

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von Butterfly » 01.11.2017, 23:13

Hallo,

Ich finde, ein Punkt fehlt noch:
Wertfreiheit: Das Pflegepersonal sollte nicht wertend sein! Egal, in welcher Situation.

Am Anfang hat zum Beispiel die Stoma-Therapeutin zu mir gesagt, dass für mich als jungen Menschen nur ein einteiliges System zu nehmen sei. 2-teilige Systeme seien nur für alte Menschen. einteilige Systeme hingegen seien viel hygienischer. Dem kann ich aus heutiger Sicht nur widersprechen. Ich habe beide Systeme und bin bei beiden Systemen auch schnell mit wechseln, weiß aber mittlerweile, dass auf meiner Haut zweiteilige Systeme viel besser halten als einteilige Systeme - und ich habe noch eine Zeitersparnis obendrauf. Auch der Kram über die Hygiene ist absoluter Blödsinn. Wenn ich bei einteiligen Systemen Unterwanderungen habe, ist das auf keinen Fall ich hygienischer. Bei den Sensura Mio Flex Platten, die ich verwende, sehe ich am zweiten Tag, dass die Platte noch genauso gut aussieht wie am ersten Tag, wenn ich mit einer Kompresse rübergegangen bin. Wieso also diese Wertung, die mich auf eine vollkommen falsche "Beutelspur" gebracht hat?

Auch habe ich die künstliche Ernährung laufen, wo es in der Vitalis-Klinik zu Diskussionen mit einer Schwester kam. Ich bin zum damaligen Zeitpunkt nach einer langen Zeit im Krankenhaus noch nicht fit gewesen. Ich musste mir dann von einer älteren Schwester sagen lassen, ich sei ja nur magersüchtig!
Auch hier eine Wertung, die ihr nicht zustand. Ich kann mich noch erinnern, dass meine Mutter so entsetzt darüber war, dass sie sich beschwert hat. Der Arzt wiederum hat sich auch darüber aufgeregt, so dass die Schwester sich von ihm aus zum Schluss bei mir entschuldigen musste.

Ich weiß also aus Erfahrung, das selbst in der Vitalis-Klinik eine Wertfreiheit nicht immer gegeben ist. Dort werden Patienten mit dem Lieblingsmaterial der Therapeuten versorgt. Klar muss bei irgendeiner Versorgung der Anfang gemacht werden. Aber gerade in der Vitalis-Klinik sollten auch Nischenhersteller wie Eurotec etc. zumindest als Anschauungsmaterial zum Anfassen vorhanden sein, damit sich der Patient ein Bild davon machen kann, welche Fülle es am Markt gibt - und nicht nur Hollister, Coloplast und Convatec. Man schlussfolgert auch von dem einen Patienten auf den anderen, was dem einen guttut, ist bei dem anderen genauso gut. Statistisch gesehen mag da eine korrelation vorliegen, doch: Wir wissen es besser!

Viele Grüße
Butterfly

kein Profilfoto
Butterfly

Mitglied

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von Erik » 01.11.2017, 23:21

1 Teilige Systeme bringen den Stomatherapeuten mehr Geld in die Tasche. Die selbe Story hat eine Stomatherapeutin meiner Frau auch erzählt als sie ihr Stoma neu bekam............ich habe die Tante dann mal richtig auflaufen lassen :DD :DD
Das wird man nie ganz verhindern so lange Kliniken Veträge mit Herstellern haben und Stomatherapeutinnen am Umsatz beteiligt sind.
Das bringt jetzt Christian nix aber das wollte ich nur gesagt haben ;) :DD

kein Profilfoto
Erik

Ansprechpartner Känguruh-Rocker

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von fluse » 01.11.2017, 23:29

Rosis Beitrag finde ich sehr gut. Ich möchte aber auch mal die andere Seite vertreten:
Ich bin Stomaträgerin und auch Krankenschwester und finde den Rundumschlag auf Pflegepersonal nicht okay. Auf vielen Stationen hat man kaum Kontakt mit Stomata, dann wird häufig die Versorgung unter der Woche von der Stomaschwester übernommen und Pflege weiss zwar in etwa wie es geht, hat aber logischerweise keine Routine. Dann wären da noch die Patienten, die bei der kleinsten Stuhlmenge nach Beutelwechsel rufen, sie können keinen Stuhlgang sehen und den Beutelwechsel oder die Leerung machen sie auch nicht selber - zu eklig. Im übrigen ist die Arbeitssituation in den Kliniken zunehmend gruselig und für pflegerische Aufgaben wie Körperpflege ist kaum noch Zeit ( ist aber ein wichtiges Thema in der Ausbildung)
Ich habe vor meiner Stomazeit etliche Fortbildungen zu dem Thema gemacht, habe aber auch ein schlechtes Gewissen, weil mir manches nicht so bewusst war. Z.B. Wie schwer ein voller Beutel ist, dass ein Beutel schon zur Hälfte gefüllt gewechselt gehört. Wie s hnell man mit Ileostoma bei Übelkeit und zu wenig Flüssigkeit abbaut. Dass eine Platte unbedingt nach drei Tagen und wenns juckt ( bei Ileostoma vor allem) auch schon früher gewechselt gehört.
Im übrigen scheine ich in zwei Kliniken grosses Glück mit der Versorgung gehabt zu haben und in der Reha war eine super Stomaschwester, sehr engagiert, mit Stomagesprächsrunde 1x wöchentlich und grosszügiger Versorgung mit Material. Und meine Stomatherapeutin ist ebenfalls engagiert, zuverlässig und immer ansprechbar - manchmal muss ma einfach wechseln wenns nich klappt!
Gruss fluse

kein Profilfoto
fluse

Mitglied

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von Butterfly » 01.11.2017, 23:50

Hallo Fluse,

Ich stimme dir in Teilen zu. Es gibt auch positive Ausnahmen beim Pflegepersonal. Auf einer chirurgischen Station, wo bekannte Spezialisten für Darm-OPs tätig sind, oder in Reha Kliniken, wie die Vitalis-Klinik, die sich auf solche Krankheitsbilder spezialisiert haben, darf allerdings eine Unkenntnis oder ein (Ab-)Werten, wie wir es manchmal erleben, nicht vorkommen. Wenn ich mit einem Stoma auf einer Station für Hals Nasen Ohren Heilkunde liege, dann ist das etwas ganz anderes. Dort erwarte ich nicht, dass sich alle mit einem Stoma auskennen bzw. sich nicht davor ekeln.

Viele Grüße
Butterfly

kein Profilfoto
Butterfly

Mitglied

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von Hanna70 » 02.11.2017, 02:49

Hallo fluse,

Deinen Hinweis auf die Frequenz des Beutelwechsels finde ich auch super! :gut:

Einen "Rundumschlag" dem Pflegepersonal gegenüber lehne ich auch ab. Wie schon geschrieben, gab es zu meiner Zeit im KH keine Stomatherapeutin. Abert es gab andere tolle Schwestern, die den Wechsel ohne zu murren gemacht haben. Ich war gesundheitlich noch nicht in der Lage dazu. Umso hilfloser war ich dann zu Hause und anschließend in der AHB. Und eben auch da kam keine wirkliche Betreuung.

Und letztlich fragte mich eine Azubine des Pflegedienstes, ob sie mein Stoma einmal sehen dürfte und fragte mich sehr intensiv aus. Sie wollte sich schon einmal gut auf ihre Arbeit als Pflegerin in der Betreuung zu Hause vorbereiten. :super:

Dass eine Schwester in der Orthopädie oder HNO nicht ad hoc mit einem Stoma umgehen kann, versteht sich von selbst. Aber in der Ausbildung sollte sie zumindest einmal davon gehört haben. Es gibt auch auf den als Beispiel genannten Stationen ab und zu Patienten, die ein Stoma haben und evtl. als Folge einer OP die Versorgung nicht sofort wieder selbst machen können.

Ich denke, das größte Problem liegt in den Chefetagen, die davon ausgehen, dass sich der Umgang mit einem Stoma notgedrungen irgendwann bei jedem Patienten von allein regeln wird.

LG Rosi

kein Profilfoto
Hanna70

Mitglied

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von Erik » 02.11.2017, 08:23

Hallo Fluse
Ich habe zumindest bei mir keinen Rundumschlag verteilt ;) :) Das was ich schrieb sind leider Erfahrungen die sich häufen und eine Folge unserer Gesetze im Gesundheitssystem sind.
Ich habe in den 80er mein Stoma bekommen an der Uni Heidelberg und ich war damals sehr zufrieden. Die "normalen" Krankenschwestern haben wir vor der OP alle meine Fragen beantwortet oder haben sich schlau gemacht. Sie haben mir damals sehr gut geholfen mich mit dem Gedanken anzufreunden einen Beutel zu tragen. Die damalige Stomatherapeutin war weltklasse, ohne sie und ohne die Schwestern hätte ich das alles nicht so einfach hinbekommen.
Witziger Weise fuhr die Stomatherapeutin auch Motorrad was für mich nicht unwichtig war :DD :DD :DD
Ich finde das , das ganze Pflegepersonal und damit meine ich nicht nur Stomatherapeutinnen unendlich wichtig sind bei der Vorbereitung auf ein Leben mit Stoma.

Leider sind mir in den letzten Jahren kaum gute Stomatherapeuten über den Weg gelaufen. Fachlich zweifelhaft und offensichtlich stark am Umsatz orientiert................leider
Viele Grüße
Erik

kein Profilfoto
Erik

Ansprechpartner Känguruh-Rocker

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von Webkänguru » 02.11.2017, 08:32

Hallo und guten Morgen :)

Vielen Dank für die angeregte Diskussion. Es sind supertolle Anregungen dabei, um dem Personal der Rehaklinik nicht nur zu vermitteln was uns in den ersten Wochen nach der OP wichtig ist, sondern auch wie sie ihre Patienten etwas für den Alltag mit Stoma mitgeben können. :super:

Ich freue mich über weitere Anregungen.

Viele Grüße,
Christian

kein Profilfoto
Webkänguru

Moderator

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von doro » 02.11.2017, 09:16

Ich habe. auch keinen“Rundumschlag“ gestartet, denn ich habe seit Anbeginn meiner Stoma Schwester eine richtige examinierte Krankenschwester :gut: und sie kommt,wenn Bedarf,und schaut sich das Stoma an! Wer hat das schon :super:

Aber, Schwachstellen im Pflegebedarf sind in den Krankenhäusert da.Obwohl ich auf mein Lüneburger nix kommen lasse.

kein Profilfoto
doro

ehemaliges Mitglied

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von Trudi » 02.11.2017, 09:18

Wie ich schon geschrieben hab, fehlt manchmal die Bereitschaft, sich mit dem Stoma zu befassen. So wie es die junge Azubine bei Rosi oder auch bei mir hatten.
Fragen stellen, ausprobieren, selber machen lassen, wann immer es geht. Und das kann auch eine HNO-Schwester.
Man verlangt doch keine Perfektion, aber ein "Iiiiiiiiiihgittigitt" eben auch nicht, oder?

In meinem ersten Post hatte ich auch die Materialien erwähnt, oft hängen die Feen sehr an "ihrem" Hersteller. Aber ich kenne auch die positiven Ausreißer, das Zimmer der Stomafee in meiner Reha war von oben bis unten voll mit den verschiedensten Materialien. Und als einer der Patienten mit einer Pflasterallergie kam, hat sie Materialien aller europäischen Hersteller besorgt und tagelang gestestet.

Ja, sowas gibts, danke ihr dafür!

kein Profilfoto
Trudi

Mitglied

Wenn ihr an meiner Stelle wäret...

Beitrag von Trineline » 02.11.2017, 19:01

was mir so spontan kommt:

es wirklich wichtig, dass das Pflegepersonal einem als Stomaträger positiv unterstützt.
Denn kaum ist man aus dem Krankenhaus muss man sich in vielen Bereichen durchsetzen wg. Stoma (bspw. Behindertentoilette oder Wundsein oder den richtigen Arzt finden, der sich traut) und da ist ein gutes Selbstbewusstsein wichtig.
Dann habe ich echt Probleme mit der Entsorgen der Beutel mit Inhalt, denn alles in die Tonne. Manch Nachbar wühlt mal in der Tonne, trotz blickdichter Tüten eine für mich schwierige Vorstellung ;) .
Auch Hinweise wie Nachsorge wäre ganz wichtig. Ich meinerseits hatte gar keine Infos. Wer kontrolliert weiter? Wer zieht die Fäden und wann? Welche Möglichkeiten habe ich innerhalb der 8 Wochen bei der KK (bspw. Recht auf mehr Kompressen)? Klar nicht alles kann Schwester oder Pflegepersonal machen. Aber vielleicht gibt es da Wege. Zur Narbenpflege Tipps sind auch gut oder dass man Bandagen sich organisieren kann. Rektumpflege ist auch nicht zu vergessen.



Oder muss man in Panik geraten, wenn Stomilein durch häufiges säubern etwas blutet?

kein Profilfoto
Trineline

Mitglied

Antwort erstellen
63 Beiträge • Seite 3 von 71, 2, 3, 4, 5, 6, 7


Beiträge der letzten Zeit anzeigen:
Sortiere nach: